Die 56 km lange eingleisige Nebenstrecke nach Eslarn begann wenige Kilometer nördlich von Weiden: In Neustadt/Waldnaab verließ sie die Hauptbahn Regensburg-Hof und bog nach Osten ab, um sogleich das Flüßchen Waldnaab zu überqueren. Und dann ging’s in vielen Windungen durch die hügeligen Wiesen, Felder und Waldstücke tief ins oberpfälzische Hinterland, über Floß, Vohenstrauß und Waidhaus nach Eslarn, dicht am „Eisernen Vorhang“, der Grenze zur Tschechoslowakei.
Der gemütliche Zugverkehr auf der idyllischen Strecke war schon zu Beginn der 70er Jahre fest in Schienenbus-Hand. Zwei Eslarner Umläufe aber waren noch bis zum Fahrplanwechsel Anfang Juni 1973 an jedem Werktag, auch samstags, den Weidener 064ern verblieben: Zuerst frühmorgens der Nahgüterzug nach Eslarn, der über Stunden sein buntes Güterwagen-Sammelsurium entlang der kurvigen Strecke verteilte, und der Gegenzug, der um die Mittagszeit da hinten in Eslarn, dicht an der böhmischen Grenze, wieder zurück nach Weiden aufbrach, zum Einsammeln der be- oder entladenen Wagen nach Weiden, dem „Tor zur Welt“. Ja, und dann der Mittagspersonenzug N 3817: Er verließ Weiden um 13.29 Uhr, wenige Minuten nachdem er beim täglichen spektakulären Dampflok-Wettrennen „64 gegen 01“ seine Statistenrolle gespielt hat (siehe Stefan Carstens schönen Bericht hierüber: [
drehscheibe-online.ist-im-web.de] ), und trat in Eslarn nach dem abenteuerliche Verfahren zum Umsetzen, über das vor längerer Zeit auch schon einmal hier im HiFo berichtet wurde (leider finde ich den Beitrag nicht mehr), um 15.46 Uhr als N 3824 wieder die Heimfahrt an. Die Kreuzung beider Umläufe fand jeweils am frühen Nachmittag in Vohenstrauß statt. Zusätzlich gab’s montags bis freitags auch noch abends eine Pendlerverbindung für die oberpfälzische „rush-hour“ bis Vohenstrauß und frühmorgens zurück nach Weiden, mit Übernachtung der 64 mit Personal in Vohenstrauß. (Alle Angaben beziehen sich auf Winter 1972/73.)
Otfried Eisenhard und ich verbrachten Mitte Februar 1973 ein verlängertes, Schnee-trübes Wochenende an der Schiefen Ebene. Es waren ja nur noch gut drei Monate bis zum Ende der Hofer 01 entlang dem Fichtelgebirge und dem oberen Main. Solcher „Termindruck“ heizte allenthalben das Jagdfieber an und schob die Leidensgrenze hinsichtlich Wetterbedingungen deutlich nach oben! – War’s bei Euch etwa nicht so!??
So nahmen auch wir unter so mancherlei Verwünschungen nicht nur klamme Finger, nass-kalte Füße und rote Schniefnasen inkauf, sondern ignorierten zähneknirschend auch äußerst schwierige Bedingungen für die schwarz-weiß-Fotografie: Dampfloks ohne Sonne im Schnee. „Draufhalten!“ war die Devise, für Zimperlichkeiten und Filme-Sparen war jetzt nicht die rechte Zeit. - Daß ich dabei unverdrossen auch so manchen nicht HiFo-fähigen Ausschuß produzierte und in der Hektik mitunter schönste Motive versaubeutelte, davon reden wir jetzt bitte mal lieber nicht…
Nicht nur an der Schiefen Ebene aber war’s „fünf-vor-zwölf“: Auch in der Oberpfalz sollten im kommenden Sommer die restlichen Dampfer weitgehend verdrängt werden.
So widmeten wir den Samstag, 17.02., den Weidener 064ern und hängten uns mit Otfrieds leidgeprüftem BMW bis kurz hinter Vohenstrauß an den N 3817, um anschließend den samstäglichen Ng 16190 von dort zurück nach Neustadt, zum Ausgangspunkt der Nebenstrecke, zu begleiten. Zuvor hatten wir im Bw Weiden geduldig Überzeugungsarbeit geleistet, nämlich dass die 64er-Leistung mit dem Personenzug an diesem Tag mal andersherum gefahren werden müsse: Nicht rückwärts nach Eslarn, wie sonst schon seit anno-tobak, sondern vorwärts. „Für photographische Aufnahmen“ eben! Dem Lokleiter war’s am Ende wurscht und die beiden „Schwarzen“ vom Bw Weiden wunderten sich zwar, willigten dann aber auch gelassen ein.
Heute nehme ich Euch – wer Lust hat - mit auf die Verfolgung des Personenzuges bis Vohenstrauß, in einer Woche folgt dann von dort die Rückfahrt mit Ng 16190. Also los:
064 295 war am 17.02.1973 für die Personenzug-Runde nach Eslarn eingeteilt. Hier hat sie mit N 3817, der samstags aus nur einem B3y-Pärchen besteht, den Bahnhof Neustadt an der Hauptbahn nach Regensburg gerade verlassen, biegt auf der eingleisigen Nebenstrecke Richtung Osten ab…
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… und rumpelt gemächlich über die stählerne Waldnaab-Brücke
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… um schon kurz darauf, noch vor Erreichen von Störnstein, das Flüsschen Floß zu überqueren
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Störnstein Richtung Floß verlassend:
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Zwischen Störnstein und Gailersreuth:
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Nach dem Halt am Hp Gailersreuth puffelt die gemütliche Fuhre weiter nach Floß:
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Selbst samstags nachmittags gab’s noch Fahrgäste im Zug!
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Floß – ein richtiger Bahnhof:
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An der Ausfahrt Floß stand nicht nur ein schöner Lattenzaun, sondern rechts im Ort auch eine stattliche Kirche, die sich heute leider hinter dem Dampf des Zügles versteckte:
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… und weiter ging’s nach Osten Richtung oberpfälzisch-Sibirien, gegen eine mächtige Schneewolke:
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Bei Grafenreuth:
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Bei Albersrieth:
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Vor Waldau trällerte der Mittagspersonenzug weitab von der schmalen Landstraße einsam durch die noch winterschläfrigen Fluren:
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Waldau Hbf., mit dem imposanten Empfangsgebäude:
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Schließlich rollt das Zügle eine Minute vor Plan in Vohenstrauß herein, wo es einer der Fahrgäste es schon besonders eilig hatte, zuhause noch rechtzeitig zur samstäglichen Kaffee-Tafel zu kommen. 064 393 mit ihrem Ng 16190 aus Eslarn ist auch schon da. Die schwarzen Kollegen wundern sich, dass die 64 am Personenzug heut’ falschherum, nämlich vorwärts nach Eslarn fährt…
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Ab hier wollten wir den Güterzug zurück nach Neustadt begleiten. Da die Kollegen auf der 064 393 allerdings noch nicht alle Rangieraufgaben in Vohenstrauß erledigt haben, bevor’s für sie weiter heimwärts „auf Weiden“ geht, konnten wir der 064 295 mit dem Eslarner Zug noch ein kleines Stück weiter folgen.
Wie im „richtigen Leben“: Auch am Schienenstrang kann demutsvolle Haltung manchmal dem Erfolg förderlich sein! Otfried optimiert so das Motiv:
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Südwestlich Pleystein:
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Nächstes mal geht’s zurück nach Neustadt mit 064 393 und dem Nahgüterzug. Wenn nicht dazwischen kommt, am kommenden Sonntag Abend.
Eine gute Woche bis dahin wünscht allerseits mit schönen Grüßen aus Aachen
Reinhard Gumbert