Eine rhetorische Frage zum Start: eine Stadt im Ruhrgebiet, angefahren von drei Straßenbahnbetrieben, gab es so etwas? Natürlich, sogar in gewissem Sinne heute noch, dazu noch in einem der derzeit kleinsten Netze (ist Krefeld wirklich größer?), dafür mit sehr interessanten Streckenführungen. In Zeiten, die vor den zu zeigenden Fotos lagen, war so etwas sicher noch häufiger zu beobachten, gerade im nördlichen Revier.
Zeigen möchte ich heute eine kleine Zeitreise, d.h. teilweise mit Vergleichen zur aktuellen Zeit, von der Grenze Borbeck, die eigentlich an E-Schönebeck grenzt, zum Flughafen, sozusagen von Essen nach Essen durch Mülheim. Die älteren Aufnahmen sind fast ausnahmslos 25 bis 26 Jahre alt.
Hier erreicht die Linie 104 von Essen-Rellinghausen nach langer Fahrt durch Essen das Mülheimer Stadtgebiet, was straßenbahnseitig zu einem Mischbetrieb von Essener und Mülheimer Fahrzeugen führte. Deshalb ist auf dem ersten Foto vom November 1983 auch gleich der Essener 1618 auf dem Weg zum Mülheimer Hauptfriedhof zu sehen, just in der Sekunde des „Eindringens“ auf Mülheimer Hoheitsgebiet.
Als neuzeitlichen Gegenschuss eine Szene vom gestrigen Tag, als ich mir endlich einmal Zeit für einen ausführlichen Fotobesuch in Mülheim genommen habe:
Zwar von der anderen Seite aufgenommen, aber man erkennt deutlich, wie aus einer kleinen Kreisstraße ein vierspuriger Zubringer zur A40 geworden ist. Das Ganze muss sich etwa 1988/89 abgespielt haben, wie man einem Typenschild an einem der Fahrleitungsmasten entnehmen kann.
Als nächstes ein Vergleich eines Wendemanövers der hier endenden Straßenbahnen. Damals war es die Linie 114, die von hier bis zum Hauptfriedhof fuhr, und natürlich noch mit Einrichtungswagen bedient wurde. Da es hier nur eine „Dreiviertel-Wendeschleife“ gibt, die offensichtlich mal zugunsten des Ruhrschnellweges gekappt worden ist, musste man in klassischer Dreiecksfahrt auf das Gegengleis umsetzen.
Die Szene ist so schön, dass ich das Ganze etwas ausführlicher als sonst üblich zeigen möchte. Zuerst der Bw 193, von dem aus der Fahrer dem Tw 222 die nötigen „Fahrimpulse“ über den Hauptschalter erteilt (dazu wurde im Tw die Fahrkurbel auf eine kleine Fahrtstufe gestellt):
Einbiegen in die Aktienstraße:
Und ab zur Abfahrtshaltestelle, nachdem der Fahrer hier mitten im Straßenverkehr vom Bei- in den Triebwagen umgestiegen ist.
Heute sieht es etwas nüchterner aus: Vorziehen bis in das Wendegleis ...
... und zurück auf die Aktienstraße, fertig!
Da die 114 nicht ganztägig auf der gesamten Strecke unterwegs war, gab es mittags die Möglichkeit, mindestens einen Zug bei der Ausfahrt aus dem Betriebshof Speldorf aufnehmen zu können, Mai 1983:
Damit die Innenstadt hier nicht ganz zu kurz kommt, eine andere Aufnahme des Solo-fahrenden 225 im Ferienverkehr als 114 von der Grenze Borbeck zum Betriebshof Speldorf auf dem Vierschienenabschnitt an der Stadthalle, leider etwas gestört durch den Pkw im Vordergrund:
Eine der schönsten Fotostellen in Mülheim, wenn man nicht unbedingt Stadtmotive aufnehmen möchte, ist die Szene am Hauptfriedhof, die wir damals ebenfalls öfter fotografisch umgesetzt haben. Es gab viel Betrieb durch die Linien 104, 110 und 114, und die Fahrzeugvielfalt muss man ja nicht extra hervorheben.
Einstieg soll eine wendende 104 sein, die an der heute noch gültigen Warteposition auf die Abfahrtszeit wartet. Aufgenommen im November 82, entstanden als Ausschnitt aus einer Hochkant-Aufnahme, daher der starke Teleeffekt:
Dazu hätte ich gern einen neuzeitlichen Vergleichsschuss gezeigt, den ich aber gestern völlig versemmelt habe – immer diese Fremdobjektive! -, deshalb eine weitere Szene eines Einsatzwagens beim Einfahrt in die Wendeschleife:
Unweigerlich dem Ende nähernd, durch den Essen-Mülheimer Flughafen markiert, abschließend zwei Aufnahmen von der Endstelle der Straßenbahn, einmal im Dezember 1992 nach einem beruflichen Besuch bei einer dort ansässigen Firma, die sehr überrascht über die Wahl des Verkehrsmittels war.
Tw 253 hat soeben das dortige Gleisdreieck befahren und zieht gleich in die Abfahrhaltestelle vor.
Ein direktes Vergleichsfoto gelang leider nicht, da der Tw 271, der jetzt als Linie 104 kommend den Flughafen erreicht, natürlich nicht durch das Dreieck fahren muss. Das Foto ist aber an derselben Stelle entstanden, nur halt "rückwärts". Er bleibt direkt an der Abfahrhaltstelle stehen und fährt unmittelbar wieder zurück durch die Stadt zum Abzw Aktienstraße in Essen, wo er seine Umsteiger an die Essener 105 übergibt.
So, dass war das vorläufige Ende einer Wiedersehensfahrt bei einem kleinen, aber sehr feinen Straßenbahnbetrieb, 26 Jahre lagen zwischen den ersten und den gestrigen Vergleichsfotos, bei Gelegenheit und Gefallen später gern etwas mehr. Und der nächste Besuch ist nach der Wiederinbetriebnahme der 110 zum Hauptfriedhof fest geplant.
Noch einen schönen Sonntag wünscht
Frank
PS: Edith hat jetzt schon den zweiten Druckfehler gefunden
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2008:07:13:13:48:03.